Ein Gipfel, wilde Kräuter und das Tor zur einer anderen Welt
Für heute war eigentlich eine Sonnenuntergangstour zur Kellerjochhütte geplant. Wenn sich der April jedoch in den August verirrt, muss man umdisponieren.
Der Wecker klingelt um 3 Uhr in der Früh. Für einen kurzen Moment überlegen wir, ob wir wirklich los gehen sollen oder uns doch lieber nochmal umdrehen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Also ein Blick aus dem Fenster – Sterne, ein weiterer Blick auf die Wetter-App – klar bis leicht bewölkt. Regen und Gewitter erst ab Mittag.
Schnell machen wir uns fertig, packen die Rucksäcke zusammen und fahren mit dem Auto die dunklen Serpentinen hinauf zum Loassattel. Von hier aus wollen wir unsere Sonnenaufgangstour, die eigentlich eine Sonnenuntergangstour sein sollte, starten.
Stirnlampen auf, warme Jacken an, ein letzter prüfender Blick in den Himmel – Sterne und ein paar Wolken. Vielleicht haben wir Glück und die Wolken verziehen sich.
Es geht hinein ins Dunkel. Der Schein der Lampen weist uns den Weg. Gleich zu Beginn hören wir Kuhglocken läuten und blicken kurz darauf auch schon in mehrere leuchtende Kuhaugen. Vorsichtig gehen wir daran vorbei.
Der schmale Weg schlängelt sich steil bergauf durch die Dunkelheit. Immer wieder müssen wir nach den Wegmarkierungen Ausschau halten. Erst durch den Wald, dann steinig weiter über der Baumgrenze. In der Ferne sieht man die Lichter von Innsbruck. Die Wanderstöcke von Black Diamond aus dem Best of Wandern Testcenter leisten gute Arbeit und erleichtern etwas den Aufstieg.
Irgendwann wird es flacher, ein Schild zeigt an, dass es nur noch 30 Minuten bis zur Kellerjochhütte sind. Die Anstrengung weicht der Motivation und so langsam fängt auch der Morgen an zu grauen. Weit hinter den Berggipfeln ist das erste zarte Morgenrot zu erkennen.
An der Kellerjochhütte angekommen, führt der Weg weiter bergauf. Jetzt etwas ausgesetzt und drahtseilgesichert, bis kurz vor den Kellerjochgipfel. Die letzten Meter sind zwar wieder steiler aber dafür technisch einfach über einen schmalen Pfad.
Oben am Gipfel, an der Kellerjochkapelle, werden wir von einer Herde Schafe begrüßt.
Der Rundumblick ist fantastisch, der Blick schweift auf der einen Seite in das Inntal, auf der anderen Seite bis in die Zillertaler Alpen mit dem Hintertuxer Gletscher und vor uns bis zum Wilden Kaiser.
Wir sind uns nicht sicher, ob wir nicht sogar den Großglockner in der Ferne erahnen können.
Es wird heller, die Sonne steigt langsam auf. Sie hat es jedoch schwer, da sich mittlerweile doch viele Wolken ringsherum zusammengezogen haben. Aber da ist sie! Ein kleiner Feuerball, der so schnell wieder hinter den Wolken verschwindet, wie er gekommen war.
Es ist zwar nicht der perfekte Sonnenaufgang aber der Ausblick ist trotzdem fantastisch und wir haben den Gipfel ganz für uns alleine. Eine Weile genießen wir noch die Ruhe und die Aussicht bis es uns zu frisch wird und wir zum Rückweg aufbrechen. Es ist schwer sich zu trennen und wir blicken noch oft zurück zur Gipfelkapelle.
Bis zur Kellerjochhütte nehmen wir den selben Weg wie beim Aufstieg. Ab dort gehen wir den Hochplateauweg hinunter zum Loassattel. Der schmale Pfad führt uns größtenteils zwischen Alpenrosen, Heidekraut und Blaubeersträuchern hindurch. Schnell wandern ein paar Blaubeeren in unseren Mund – lecker! Auch der Abstieg wird uns durch die Wanderstöcke erleichtert und nimmt etwas Gewicht von unseren Knien.
Der letzte Teil führt wieder durch Nadelwald zurück zum Parkplatz. Hier werden wir auch schon von den Kühen erwartet, die wir nun, im Tageslicht, nicht mehr nur als Augenpaare erkennen. Eine Kuh ist so zutraulich, dass sie direkt auf mich zukommt. Sie scheint auch Gefallen an den Wanderstöcken gefunden zu haben.
Auch wenn die Tour erst für den Abend geplant war, hat sich das frühe Aufstehen gelohnt . Es ist eine unglaublich schöne Wanderung, für die man jedoch trittsicher und schwindelfrei sein sollte.
Ein weiteres kleines Highlight an diesem Tag ist die Kräuterwanderung mit der Kräuterpädagogin Gerda. Die Wanderung wird kostenlos von der Silberregion Karwendel angeboten und man kann sich im Tourismusbüro dazu anmelden.
Treffpunkt ist an der Wallfahrtskirche Maria Larch. Das Wasser aus dem Brunnen an der kleinen Kapelle soll heilende Kräfte besitzen. Ringsherum findet man blühende Wiesen mit duftenden wilden Kräutern und Blumen.
Gerda führt uns für 2 Stunden durch die Wiesen, den angrenzenden Wald entlang und weiß zu fast jeder Pflanz etwas zu sagen. Es wird nicht langweilig und Gerda hat eine Art das Wissen zu vermitteln, dass man es sich auch gut merken kann. So viele verschiedene Blüten und Kräuter. Wir sind total fasziniert, dass es hier soviel essbares mit heilenden und schmackhaften Eigenschaften gibt. Ob gegen Erkältung oder Magenbeschwerden, als Tee, Creme, Tinktur, als Öl oder Schnaps, roh im Salat, zum Räuchern oder die Samen getrocknet über einem Brotaufstrich. Die Verwendung ist so vielseitig wie die Kräuter selbst.
Von Thymian, Nachtkerze, Malve, Augentrost, Girsch, Huflattich, Spitz- und Breitwegerich, Johanneskraut, Schafgarbe, Storchenschnabel, Beifuß, Brennnessel bis zur wilden Möhre und Pastinake. Es gibt so viel zu entdecken.
Und auch der Regen kann uns Dank der Regenjacken von Vaude aus dem Best of Wandern Testcenter nichts anhaben. Die Jacke hält super dicht.
Am Ende der kleinen Rundwanderung führt uns Gerda noch zu einem Holunderstrauch. Der Holunderstrauch ist vielfältig nutzbar. Die Blüten als Tee oder Sirup, bei Erkältungen und grippalen Infekten. Die Beeren sind gut für die Verdauung, die Blätter zur Behandlung von Verbrennungen und die Wurzel kann z.B. zur Wundheilung benutzt werden.
Gerda erzählt uns mit einem Augenzwinkern von einem Mythos über den Holunderstrauch. Da dem Strauch so viel heilende Wirkung nachgesagt wird, sollen darin die Elfen und Kobolde wohnen. Wenn man sich ganz ruhig darunter setzt und meditiert, soll sich das Tor in diese andere Welt öffnen – wir sind gespannt, ob wir den Eingang finden.
Am Abend werden wir dann noch kulinarisch verwöhnt. Im Schlosswirt auf Schloss Tratzberg lassen wir bei einem leckeren Essen, begleitet von einem guten Glas Wein und sanfter Klaviermusik, den Tag ausklingen.